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Aktuelle Studie des Robert Koch-Instituts RKI: „5-am-Tag“-Kampagne gescheitert?

Seit 13 Jahren wird der Verzehr von täglich 5 Portionen Obst und Gemüse propagiert. Eine aktuelle Studie des Robert Koch-Instituts RKI offenbart nun, dass sich nur eine Minderheit der Bürger an diese staatliche Empfehlung hält: „Der Anteil der Personen, der 5 Portionen Obst & Gemüse am Tag konsumiert, ist immer noch sehr gering“, lautet das Fazit des RKI. Nur 15% der Frauen und 7% der Männer erreichen die empfohlenen 5 Portionen pro Tag [1]. Zu vergleichbaren Ergebnissen kam das RKI bereits 2012 in der „GEDA 2010“-Studie [2]. „Wenn eine Kampagne nach 13 Jahren Laufzeit fast 90% der Bürger nicht erreicht, dann sollte man den Mut haben, sie als gescheitert zu betrachten“, appelliert Ernährungswissenschaftler Uwe Knop an DGE und BMLEV, die hierzulande 5-am-Tag propagieren. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass bislang kein wissenschaftlicher Nachweis vorliege, ob 5-am-Tag der Gesundheit der Bürger nutzt oder schadet, müsse die Kampagne auf den Prüfstand. Denn möglicherweise bestehe sogar ein Zusammenhang zwischen dem propagierten Pflanzenmehrverzehr und dem 80%-igen Anstieg klinischer Fälle diverser Magen-Darm-Krankheiten, die seit Beginn der Kampagne in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes dokumentiert sind [3]: „Trotz der niedrigen 5-am-Tag-Quoten sind es noch immer Millionen Menschen, die mit viel Obst und Gemüse ihrer Gesundheit etwas `Gutes´ tun möchten – und dabei vielleicht ihren Verdauungstrakt überstrapazieren, weil sie schwer verdauliche Pflanzennahrung nicht vertragen“, vermutet Knop. Einen solchen Zusammenhang sieht auch die deutsche Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET e.V.) auf Basis entsprechender Rückmeldungen Betroffener [4]. Selbst wenn die Kampagne „3-am-Tag“ hieße, müsse man den bisherigen Einsatz der Abermillionen staatlicher Fördergelder kritisch hinterfragen: Laut RKI verzehren 39% der Frauen und ein Viertel der Männer mindestens 3 Portionen Obst und Gemüse am Tag, davon die meisten unter den 60- bis 69-Jährigen. „Vor allem wenn man berücksichtigt, dass bei den Verzehrsmengen beispielsweise auch Säfte, Konservengemüse und Kompott eingerechnet werden, sind auch die Quoten für 3-am-Tag zu niedrig, um von einem Erfolg zu sprechen“, so Knop. „Eine entscheidende Frage ist immer, woran man Erfolg messen kann – und das kann bei der 5-am-Tag-Kampagne nur der Verein selbst und das Bundesministerium beantworten“, erklärt Harald Seitz, Pressesprecher des aid-infodiensts. Die entsprechenden Anfragen, die Knop an 5-am-Tag, die DGE und das BMELV gerichtet hat, blieben jedoch unbeantwortet. Der langjährige Kampagnen-Kritiker Udo Pollmer, Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften e.V. (EU.L.E.), erklärt das „Schweige-Dilemma“ der angefragten Akteure: „Nachdem die größte europäische Ernährungsstudie (EPIC) zeigen konnte, dass Obst und Gemüse gerade nicht vor Krebs schützen, muss man sich schon fragen: werden hier Steuergelder verpulvert? Bereits 2004 hatte die DGE darauf hingewiesen, dass in den USA die Kampagne zu keiner nennenswerten Konsumsteigerung geführt habe. Das Scheitern ihrer eigenen 5-am-Tag-Kampagne war schon damals vorhersehbar. Die Verschwendung der vielen Millionen Euro Fördergelder sollte in Anbetracht der aktuellen RKI-Daten und der potenziellen Gesundheitsschäden schnellstmöglich Gegenstand einer Parlamentarischen Anfrage werden.“

Quellenangaben:

[1] Bundesgesundheitsblatt: „Obst- und Gemüsekonsum in Deutschland (DEGS1)“, online publiziert 27. Mai 2013

[2] Robert Koch-Institut: „Gesundheit in Deutschland aktuell 2010“, 06. September 2012

[3] Gesundheitsberichterstattung des Bundes, GBE-Bund-Daten-PDF extrahiert Mai 2013 / NOVO-Argumente: „Ernährung: Obst und Gemüse als Krankmacher“, 03. Juni 2013

[4] FET e.V.: „Wenn ernährungspolitische Maßnahmen eher schaden als nutzen“, 04. Juni 2013

Uwe Knop Diplom-Ökotrophologe

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