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Bertelsmann Studie – Zukünftiger Schüler-Boom hat auch Konsequenzen für die Schulverpflegung

Es werden wieder mehr Kinder geboren in Deutschland, und mehr junge Menschen wandern ein. Das trifft die Schulsysteme und damit auch die Schulverpflegung unvorbereitet. Denn bislang wurde mit rückgehenden Schülerzahlen gerechnet. Steuern Länder und Schulträger nicht um, droht ein dramatischer Engpass an Lehrern und Gebäuden.

Die Zeiten sinkender Schülerzahlen sind vorbei. Nach 15 Jahren kontinuierlichem Rückgang kündigt sich ein Schüler-Boom an. 8,3 Millionen Kinder und Jugendliche werden voraussichtlich im Jahr 2025 in Deutschland zur Schule gehen, haben Forscher im Auftrag der Bertelsmann Stiftung berechnet. Das sind gut 300.000 Schüler mehr an den allgemeinbildenden Schulen als vor zwei Jahren. Damit erweist sich insbesondere die offizielle Prognose als erheblich zu niedrig: Die Kultusministerkonferenz (KMK) geht bisher für 2025 nur von 7,2 Millionen Schülern aus. Statt demographischer Rendite kommen erhebliche Investitionen auf die Bundesländer zu, weil zehntausende Lehrer und Klassenräume und damit auch Mensplätze fehlen.

Im März dieses Jahres verkündete das Statistische Bundesamt erstmals seit dem Jahr 2000 einen Anstieg der Schülerzahlen. Das Plus von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist der verhaltene Beginn eines Trends, der enorm an Fahrt gewinnen wird: 2025 werden bereits 4 Prozent mehr Kinder und Jugendliche die Schulbank drücken als heute, im Jahr 2030 sind es sogar 8 Prozent, so die Schätzung der Bertelsmann Stiftung. „Mit diesem Schüler-Boom hat kaum jemand gerechnet. Jetzt besteht enormer Handlungsdruck. Viele Bundesländer müssen komplett umdenken“, sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

Allein die Grundschulen brauchen fast 25.000 zusätzliche Lehrer

Als erste spüren den Anstieg die Grundschulen. Dort fehlen im Jahr 2025 gegenüber heute 24.110 Lehrer, sofern die Klassen nicht größer werden sollen. An den weiterführenden Schulen sinken die bundesweiten Schülerzahlen zwar zunächst noch einige Jahre. Doch zeitversetzt erreichen die starken Jahrgänge auch die Gymnasien, Gesamt-, Ober- und Regionalschulen. 9 Prozent mehr Schüler als heute werden 2030 in den Klassenräumen der Sekundarstufe I sitzen. Auch dort werden dann zusätzlich 27.000 Lehrer benötigt. Weil den Lehrerkollegien aufgrund ihrer Altersstruktur eine Pensionierungswelle bevorsteht und ohnehin vielerorts bereits Lehrermangel herrscht, wird der Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften schwer zu decken sein.

Neben dem Personalbedarf steigt der Raumbedarf. Bundesweit rund 1.800 Grundschulen wurden seit der Jahrtausendwende wegen Schülermangel geschlossen. Nun, mit wieder steigenden Geburtenzahlen und verstärkter Einwanderung, gilt es, eine deutliche Trendwende einzuleiten. 2025 werden – bei gleichbleibender Schulgröße – fast 2.400 Grundschulen mehr nötig sein als heute. Etwas später kommen auf die weiterführenden Schulen ähnliche bauliche Engpässe zu. Dabei gelten bereits jetzt viele bestehende Schulen als marode – der bundesweite Investitionsstau wird von der Förderbank KfW auf 34 Milliarden Euro taxiert.

Statt demographischer Rendite steigen Bildungsausgaben um 4,7 Milliarden Euro

Sowohl die Einstellung zusätzlicher Lehrer als auch der Neu- und Anbau von Schulgebäuden sind nicht von heute auf morgen zu stemmen. Mehr Lehrer ausbilden, Grundstücke finden, Bauplanung und Realisierung – all das erfordert Zeit und Geld. Die Studie der Bertelsmann Stiftung kalkuliert für das Jahr 2030 aufgrund des Schüler-Booms mit 4,7 Milliarden Euro höheren jährlichen Bildungsausgaben als heute. Bislang hatten die Schulminister mit einer demographischen Rendite gerechnet. Ihre Annahme lautete: Trotz sinkender Schülerzahlen keine Budgetkürzungen, dadurch entsteht in den Schulen mehr Spielraum für Qualität. Die Studienautoren appellieren an die Länder, Kreise, kreisfreien Städte und Gemeinden, ihre Prognosen zu prüfen und ihre Planungen regelmäßig anzupassen. Denn die bundesweiten Zahlen zeigen zwar die Gesamtentwicklung, es gibt jedoch große regionale Unterschiede. So steigen in den Stadtstaaten die Schülerzahlen voraussichtlich kontinuierlich in allen Schulformen bis 2030 um knapp 30 Prozent. In den westlichen Flächenländern gleicht die Entwicklung dem treppenartig ansteigenden Bundestrend, während im Osten nach einem zwischenzeitlichen Anstieg in 15 Jahren schon wieder weniger Grundschüler die Schulbank drücken könnten als heute.

Quelle: Bertelsmann Stiftung, Juli 2017

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