Politik & Wirtschaft

Neuordnung der Berliner Schulessenversorgung ohne Elternbeteiligung

Der Landeselternausschuss Berlin begrüßt die Anstrengungen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, die Qualität des Berliner Schulessens nicht nur zu verbessern, sondern auch durch die Einführung entsprechender Kontrollen langfristig zu sichern. Hingegen ist das derzeitige Verfahren zur Neuordnung der Mittagessensversorgung an Grundschulen von der »AG Schulessen« des LEA nicht zu akzeptieren, da gegenwärtig noch immer hinter verschlossenen Türen – ohne Einbeziehung der Eltern – verhandelt wird.  Zum einen dringen zwar positive Ansätze in Richtung verbesserter Qualitätsstandards durch (welche freilich noch einer tatsächlichen Verbindlichkeit und Fundierung bedürfen), zum anderen scheint aber bereits jetzt schon die monatliche Höhe des zukünftigen Elternanteils fixiert zu werden, ohne den Landeselternausschuss als Vertreter derer, die den Hauptteil der Kosten zu tragen haben und die offensichtlich auch noch weiter belastet werden sollen und die sachlich befasste AG des LEA,  in die Gespräche einbezogen zu haben. Darüber hinaus sind die einzelnen Verfahrensschritte, Zuständigkeiten und Verant-wortungsbereiche auf Schul-, Bezirks- und Landesebene in diesem Zusammenhang und wie diese konkret festgelegt werden, für die Eltern von Bedeutung.
Eine pauschale Erhöhung der Elternbeiträge – ohne Gesprächsbeteiligung der Elternschaft und der Schulen – lehnen wir ab!
Der Berliner Tagespresse ist zur zukünftigen Finanzierung des Schulessens an den Grundschulen bislang zu entnehmen:
A) Das Schulessen soll 3,15 € pro Portion kosten. Dabei sollen die Berliner Eltern zukünftig 2,36 EURO also 37,50 € pro Monat (statt wie bisher 23,00 €) für das Schulessen ihrer Kinder bezahlen. Eine pauschale Kostenerhöhung um über 60%.
B) Ein gestaffelter Elternbeitrag wird vom Senat und von den Bezirken abgelehnt.
C) Einkommensschwache Familien sollen bei der Finanzierung des Schulessens unterstützt werden.

Dazu nimmt die »AG Schulessen« des LEA Berlin wie folgt Stellung:
Zu A) Bevor die zukünftige Höhe der Elternbeteiligung festgelegt wird, ist es zwingend notwendig, dass
– das Land Berlin der Öffentlichkeit endlich Klarheit über die jetzige Finanzierung des Grundschulessens verschafft, um im Gespräch mit der Elternschaft für alle weiteren Schritte eine Verständnis- und Vertrauensbasis zu legen.
Konkret: Der Senat zahlt derzeit nicht (!), wie dargestellt wird, volle 17,00 € zum Schulessen hinzu, sondern nur knapp 9,00 € pro Monat. Die Eltern tragen derzeit bereits 75% der Kosten; dem würde auch der in der Presse genannte neue Elternanteil von 37,50 € im Monat entspre-chen. Auf den einzelnen Portionspreis von 3,15 € umgerechnet würde dies bedeuten: 2,36 EURO bezahlen die Eltern und nur 78 Cent der Senat. Diese Berechnung basiert auf der Zahl von 190 Essentagen pro Jahr, die derzeit auch Grundlage für die Abrechnung des Landes Berlin mit den Bezirken und dementsprechend mit den Caterern ist.]
– dass das erarbeitete Konzept zur Neuordnung des Schulessens in Richtung Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle verbindlich festgeschrieben, in allen Bezirken einheitlich gestaltet und der Berliner Elternschaft, vertreten durch die einzelnen Bezirkselternausschüsse und den Landeselternausschuss, vorgestellt wird. Dem LEA Berlin ist dabei eine Mitsprachemöglichkeit auf Landesebene einzuräumen. Die Eltern brauchen Gewissheit, dass mit einer Erhöhung des Elternbeitrages auch die Strukturen geschaffen werden, um eine sichere Finanzierung, einen echten Qualitäts-wettbewerb, das gesetzliche Mitentscheidungsrecht der Schulkonferenzen und schließlich eine wirkungsvolle Qualitätskontrolle zu gewährleisten.
Zu B) Die Hamburger Elternschaft hat sich im Jahr 2011 im Zuge der Einrichtung von Ganz-tagsschulen für eine einkommensabhängige Elternbeteiligung stark gemacht. Die Hamburger Schulbehörde hat dies aufgegriffen und das Modell einer 5-stufigen Elternbeteiligung erarbeitet, das insbesondere Niedrigverdiener, Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende entlastet! In Berlin wird die Einführung eines vergleichbaren Modells angeblich mit einem zu hohen Verwaltungsaufwand abgetan. Dabei hat Berlin derzeit eine 41-stufige Einkommensstaf-felung bei den Hortbeträgen, d. h. für den größten Teil der Berliner Grundschüler/innen werden bereits entsprechende Daten erhoben. Darüber hinaus gibt es in Berlin derzeit unterschiedliche Finanzierungssysteme für die offenen und die gebundenen Ganztagsgrundschulen sowie für die Freien Träger, wobei auf Bezirksebene jeweils einzeln europaweit ausgeschrieben werden muss. Im Rahmen einer Neuordnung können nun auch diese komplizierten Verwaltungsvorgänge effektiver und schlanker gestaltet werden. Warum sollte im Zuge der anstehenden Um-strukturierung gerade die Einführung einer einkommensabhängigen Kostenbeteiligung der Eltern (nach dem Beispiel Hamburgs) im Sinne sozialer Gerechtigkeit nicht möglich sein? In jedem Fall müssen den Bezirken die notwendigen personellen Ressourcen zugeteilt werden, damit die geplante Neuordnung hin zu einer qualitativen und nachhaltigen Schulverpflegung – auch angesichts ernährungsbedingter Krankheiten und steigender Kosten im Gesundheitswesen – gelingen kann!

Zu C) Wie soll die geplante Entlastung einkommensschwacher Familien konkret aussehen, wenn auf der anderen Seite auf eine einkommensabhängige Elternbe-teiligung verzichtet wird?
Der Landeselternausschuss Berlin will auf mögliche  Umstände hinweisen, die ein positi-ves Schulklima in Gefahr bringen:
• Einkommensschwache Familien mit mehreren schulpflichtigen Kindern, die nicht BuT berechtigt sind, kommen durch die pauschale Erhöhung in Zahlungsschwierigkeiten und deren Kinder könnten so eine Teilhabe am Schulessen verlieren. Ungewollte Benachteiligung und Konflikte könnten die Folge sein.
• In offenen Ganztagsschulen und verlässlichen Halbtagsschulen ist nicht zu begründen, warum subventioniertes Schulessen lediglich an einen Hortvertrag gekoppelt sein soll, die anderen Kinder also den Vollkostenpreis von 3,15 € pro Portion zu bezahlen haben. Die Mehrheit der Berliner Grundschüler/innen nimmt ihr Mittagessen bereits vor 13:30 Uhr, d. h. vor Ende der festen Betreuungszeit ein. Eine Trennung der Kinder, die an der Mittag-essensversorgung teilnehmen, von denen, die sich dies nicht mehr leisten können, hätte eine erhebliche Störung des schulischen Miteinanders zur Folge!

Am kommenden Donnerstag (15.11.2012) wird ein Konzept von der Senatsverwaltung zur Neuordnung des Schulessens dem Bildungsausschuss im Abgeordnetenhaus vorgestellt. Der Elternschaft wurde lange vor Erstellung der Kostenpreisstudie zugesichert, dass es Gespräche nach der Veröffentlichung geben wird.
Seither wurden jedoch trotz öffentlicher Absichtsbekundungen keine dieser Zusagen eingelöst.
Wir erwarten und fordern , dass auf einer konstruktiven Arbeitsebene, die Elternschaft, vertreten durch den Landeselternausschuss, in die Neugestaltung des Schulessens  einbezogen wird.

Für die AG Schulessen
Erika Takano- Forck, Cornelia Partmann

Günter Peiritsch
LEA-Vorsitzender

PRESSEMITTEILUNG 12.11.2012

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