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Die soziale Konstellation des Essens – Essenszeiten ade

Das Idealbild der gemeinsamen Mahlzeit zu Hause hat ausgedient. Eine starke Umbruchsphase bestimmt heute die soziale Konstellation des Essens, zeigt das im VS Verlag erschienene Buch „Mahlzeiten. Alte Last oder neue Lust?“ der Rainer Wild-Stiftung für gesunde Ernährung. Neue Arbeitswelten und Familienstrukturen haben das Essverhalten verändert, so Gesa Schönberger, eine der beiden Herausgeberinnen des Buches.

Essenszeiten ade
Den deutlichsten Wandel gibt es beim Familientisch, stellt Schönberger fest. „Das Abendessen hat hier das Mittagessen als Hauptmahlzeit verdrängt. Dazu haben die langen Wege zwischen Arbeit und Wohnung, die steigenden Arbeitszeiten und Verpflichtungen und auch die Zunahme der Ein- und Zweipersonenhaushalte beigetragen.“Flexible, wechselnde Essgemeinschaften ersetzen die feste Platzverteilung am Esstisch, verschiedene Speisen am selben Tisch sind längst normal und fixe Essenszeiten die Ausnahme.“ Beim Kochen beobachten die Autorinnen, dass Frauen häufig nicht mehr fähig oder bereit dazu sind, die Familie alleine zu versorgen. Man setzt daher auf Zeitsparendes mit wenig Aufwand, wodurch die Küchen teils bis auf die Größe einer Kochnische schrumpfen. Mahlzeiten werden ausgelagert, etwa an Dienstleister außer Haus oder an die gemeinschaftliche Verpflegung im Beruf an Kantinen. Denn: Stets alleine essen will niemand. „Der Mensch isst lieber in Gemeinschaft“, bestätigt die Ernährungswissenschaftlerin.
Versöhnendes Wochenende
Zufrieden sind die Menschen damit nicht, denn viele würden laut Umfragen gerne anders essen als dies ihr Alltag zulässt. Am Wochenende wird deshalb einiges nachgeholt. „Einkauf, Kochen und auch Essen fallen dann meist intensiver aus. Oft gibt es auch ein zweigängiges Menü“, so Schönberger. Drei Gänge sind jedoch selbst am Sonntag zur Ausnahme geworden, es sei denn, es gibt einen speziellen Anlass, einen Besuch oder das Essen findet im Restaurant statt. Die Küche betont in Nordeuropa die Freiheit des Einzelnen und im Süden die Familie, so der Befund des Pariser Soziologen Jean-Claude Kaufmann. Trotz des Rückgangs gemeinsamer Mahlzeiten beobachtet er aktuell sogar ein Wachsen der Küchenflächen. „Kochen ist zum beliebten Hobby geworden, dem man seltener, jedoch dann ausgiebig nachgeht. Das gilt auch für Männer – allerdings nur vor einem applaudierenden Publikum“, so der Experte. (ptx)

2 Gedanken zu „Die soziale Konstellation des Essens – Essenszeiten ade

  • Ich bin gerade eben zufaellig auf den Blog gekommen. Gefaellt mir bis jetzt gut.

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