Politik & Wirtschaft

Heribert Hirte, Direktkandidat der CDU im Wahlkreis Köln II antwortet dem DNSV

Heribert Hirte zu den Wahlprüfsteinen des DNSV zur Bundestagswahl 2013 : 1. Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation der Schulverpflegung in Deutschland?
Die Situation der Schulverpflegung in Deutschland ist keineswegs homogen, wie Ihre Frage zu suggerieren scheint. Vielmehr ist Schulverpflegung in Deutschland so unterschiedlich wie die Schullandschaft als solche. Schulverpflegung heißt dabei für mich nicht nur eine Kantinenverpflegung im Rahmen von Ganztagsschulen, sondern schließen für mich das elterlich geschmierte Pausenbrot oder den für das Mittagessen verpackter Nudelsalat genauso ein, wie die Möglichkeit der Schüler gemeinsam zu kochen oder bei/mit Ihren Eltern zu essen. Dabei sehe ich grundsätzlich – natürlich zurückgehend auf mein Verständnis, dass Familie und das Erziehungsrecht der Eltern den Schwerpunkt jeglicher Erziehung bilden sollten – jede dieser Formen der Schulverpflegung als gleichwertig an. Insofern ist für mich immer der Blick auf die konkrete Verpflegung des einzelnen Schülers an der einzelnen Schule wichtig. So ist eine schöne von den Eltern vorbereitete Pausenbox mit Vollkornbrot, Paprika-Streifen und einem Apfel si-cher gesünder als eine Kantinenverpflegung, die aus Nudeln mit einem minderwertigen Fleisch besteht. Zudem stärkt dies die Bindung zwischen Eltern und ihren Kindern – Letztere sehen so z.B., dass sich ihre Eltern Mühe geben und ihnen ihre Ernährung wichtig ist. Natürlich ist mir je-doch auch bewusst, dass eine solche Eltern-Kind-Beziehung nicht überall vorhanden ist, und dass auch in dieser Weise „benachteiligte“ Kinder ein Anrecht auf eine gute Verpflegung haben. Insofern sehe ich mich nicht in der Lage, eine globale Einschätzung der Lage in Deutschland zu bieten. Vielmehr muss einen Blick auf die einzelnen Schulen werfen – und da gibt es (natürlich auch in meinem Wahlkreis) Licht und Schatten.
2. Halten Sie die derzeitige öffentliche Finanzierung der Schulverpflegung für ausreichend? Ist da-mit eine qualitativ hochwertige Ernährung mit der Kinder in Kita & Schule gewährleistet?
Die öffentliche Finanzierung von Schulverpflegung ist genauso heterogen wie das Angebot als solches und reicht von z.B. Zuschüssen von EUR 0,80 pro Essen in Tübingen bis zur Vollüber-nahme der Kosten in einer Größenordnung von EUR 3,00 z.B. für Hartz IV – Empfänger in Berlin. Insofern kann auch hier keine globale Antwort gegeben werden. Insofern verweise ich auf meine Antwort zu Frage 3.
3. Halten Sie das derzeitige System für zeitgemäß? Wie sollen Alternativen aussehen?
Wie bereits oben ausgeführt, halte ich ein Nebeneinander zwischen familiärer und staatlich or-ganisierter Schulverpflegung für richtig und notwendig. Ein verpflichtendes staatlich organisier-tes Schulessen halte ich trotz nicht zu verkennender Vorteile aus o.g. Gründen für im Ergebnis falsch. Auf der Seite der familiären Schulverpflegung bedarf es zunächst weiterer Anstrengungen, sämtliche Eltern zu befähigen, ihre Kinder grundsätzlich mit einer ausreichenden Schulverpfle-gung ausstatten zu können. Dazu gehören Informationsblätter, aber auch Vor-Ort-Veranstaltungen, in denen den Eltern – möglichst zusammen mit ihren Kindern – eine gesunde Zusammensetzung eines Lunchpakets näher gebracht wird. Dies würde auch weiter den Zu-sammenhalt zwischen Schülern und Eltern stärken und diese Fortbildung nicht zu sehr als Be-vormundung der Eltern wirken lassen.Das bisherige System der staatlich organisierten Schulverpflegung baut in der Regel auf einer privaten Leistung der Schüler (bzw. deren Eltern) sowie einem staatlichen Zuschuss auf. Dabei ist die private Leistung teilweise an die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern gekoppelt. Die-ses System ist sicherlich ein Kompromiss und den klammen öffentlichen Kassen geschuldet. Ge-rade in Zeiten, in denen die Lehrmittelfreiheit, das heißt die öffentliche Finanzierung von Schul-büchern, nicht in allen Bundesländern voll sichergestellt ist, steht die (Voll-)Finanzierung der Schulverpflegung zu Recht hintenan.
Ein neues Finanzierungssystem – Sie fragen zu Recht nach einem Wunschdenken – des Schulessens stellt grundsätzlich die Frage nach der Bedeutung von Schulessen.
Eine gemeinsame Schulmittagsverpflegung in einer Cafeteria soll nach meiner Ansicht neben dem privaten Interesse, eine (relativ) kostengünstige warme Mittagsmahlzeit für die eigenen. Kinder verbunden mit der eigenen Entlastung zu bieten, zwei staatliche Ziele verfolgen: zum ei-nen soll ein einheitliches hochwertiges Essen allen Schülern gleichermaßen zur Verfügung ge-stellt werden; zum anderen ist auch die soziale Komponente einer gemeinsamen Hauptmahlzeit nicht zu unterschätzen. Dem gegenüber schränkt jedoch ein gemeinsames Mittagessen – insbe-sondere bei einer verpflichtenden Ausgestaltung – faktisch die Wahlmöglichkeiten der Eltern wie auch der Schüler ein, wie und was sie gerne zu Mittag essen möchten.
Danach sind die beiden Hauptziele des gemeinsamen Schulessens hauptsächlich im Interesse des Staates, so dass auch dieser meiner Meinung nach für einen Großteil der Finanzierung auf-zukommen hat. Dabei sollte die Finanzierung direkt über den Schulträger abgewickelt werden, dessen Leistungsfähigkeit über eine entsprechende Beteiligung an den allgemeinen Steuern (Einkommensteuer, Umsatzsteuer) sichergestellt werden muss; einen zweckgebundenen Zu-schuss des Bundes oder der Länder lehne ich wegen des höheren administrativen und damit fi-nanziellen Aufwands ab. Zudem glaube ich an die fördernden Kräfte des Wettbewerbs zwischen Schulträgern und damit Kommunen und Landkreisen, ihren Kreis/ihre Kommune durch gute Schulstrukturen attraktiv für (Neu-)Bürger zu machen.
4. Wie zufrieden sind Sie mit der Umsetzung des Projektes IN FORM der Bundesregierung, z.B. im Hinblick auf die Ergebnisse?
Dazu kann ich aufgrund meiner politischen Schwerpunktsetzung keine detaillierte Auskunft geben.
5. Finden Sie generell Mehrwertsteuer auf Schulessen gerechtfertigt? Wenn ja: welche warum?
Ich trete, wie Sie auch bereits aus der Antwort zu Frage 3 ersehen können, grundsätzlich für eine Vereinfachung des Steuersystems ein – dies schließt auch eine Neuordnung der Mehrwert-steuer ein. Eine gesonderte Berücksichtigung des Schulessens wirft dabei Fragen der genauen Einordnung ein. Lassen Sie mich dabei alleine nur die Frage herausgreifen, ob eine Flasche Was-ser als Teil des Schulessens nicht besteuert, separat vom Schulkiosk verkauft aber weiterhin mit 19% belastet werden sollte…
6. Wie wirkt die Mehrwertbesteuerung auf die soziale Lage der Schüler und Schülerinnen?
Die Mehrwertsteuer als reine Verbrauchssteuer ohne Leistungskomponente belastet finanziell schlechter gestellte Schülerinnen und Schüler naturgemäß überproportional.
7. Wie werden Sie sich in der nächsten Legislaturperiode zu 7% Mehrwertsteuer bzw. die generelle Abschaffung der Besteuerung von Schulessen positionieren?
Vgl. Frage 5.

8. Unterstützen Sie, dass nicht gewinnorientierte Verpflegungsangebote in Schulen und Kinderta-gesstätten durch kommunale Einrichtungen oder Vereine generell von der Umsatzsteuer befreit werden?
Vgl. Frage 3 / 5. Solche Verpflegungsangebote profitieren jedoch bei nachweislicher Gemein-nützigkeit bereits jetzt von zahlreichen steuerlichen Vorteilen gegenüber gewinnorientierten Anbietern.
9. Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie Qualitätsentwicklung der Schulverpflegung müssen in den nächsten fünf Jahren ergriffen werden? Welche obliegen insbesondere den Kommunen und welche dem Ländern?
Als Träger der Schulen sehe ich die Kommunen und Landkreise in der Pflicht, die Qualität des Schulessens sicherzustellen und weiterzuentwickeln. Deren Aufsicht obliegt wiederum Stellen der eigentlichen Landesverwaltung. Dabei habe ich großes Vertrauen in die entsprechenden Stellen und gehe auch von einem positiven Wettbewerb zwischen den Schulträgern und Bun-desländern aus – natürlich unterstützt von den jeweiligen Kreistagen und Stadtverordnetenver-sammlungen sowie den Schulkonferenzen.
10. Haben sich die Vernetzungsstellen für Schulverpflegung in den Bundesländern bewährt? Für wie effizient halten Sie die aktuelle Struktur?
Dazu kann ich aufgrund meiner politischen Schwerpunktsetzung keine detaillierte Auskunft ge-ben. Bei den Vernetzungsstellen handelt es sich jedoch im Wesentlichen um zentrale Anlaufstel-len für alle Einrichtungen, die Fragen rund um die Verpflegungsangebote in Schulen haben. In-sofern ist eine Bewertung der Effizienz in jeden Fall schwierig zu messen – gerade auch, weil sie sich an Multiplikatoren richten. Alleine das Vorhandensein dieser Stellen hat jedoch Leucht-turmwirkung und bietet Interessierten einen leicht recherchierbaren Anlaufpunkt.
11. Welche Forderungen des DNSV für Jahr 2013 werden sie unterstützen?
* Konsequente Förderung der Professionalität auf allen Stufen, statt überwiegend Ehrenamt, das Schulen, Eltern und alle anderen Beteiligten nur überfordert
Ehrenamt und Professionalität schließen sich nicht notwendigerweise aus. Neben Hauptamtlichen auf der Ebene der Schulträger spielen beteiligte Lehrer und Eltern eine ebenso wichtige Rolle, gerade für die Akzeptanz des Schulessens. Dabei sollte über entsprechende Funktionsstellen (d.h. Beförde-rungsstellen) an Schulen nachgedacht werden, die mit gesondert zu qualifizierenden Lehrkräften mit verbundener Freistellung besetzt werden. Bei dieser Fragestellung handelt es sich jedoch um eine originäre Länderzuständigkeit.
*Förderung/Umsetzung moderner entkoppelter Kostsysteme und Verpflichtende Zertifizierung aller Bereiche der Schulverpflegung
Aufgrund meiner politischen Schwerpunktsetzung kann ich mich leider nicht qualifiziert zu den Vor- und Nachteilen entkoppelter Kostsysteme (also der Verwendung von Kühl- und Tiefkühlgerichten zur Aufbereitung in der jeweiligen Schule) äußern. Eine verpflichtende Zertifizierung sehe ich jedoch – aus bereits genannten Gründen – eher kritisch. Vielmehr habe ich ein ausreichendes Vertrauen in die staatlichen Träger, ihre vom Wähler gesetzten Aufgaben zu erfüllen.
*DGE Qualitätsstandards müssen für die Verpflegung in allen Kitas und Schulen gesetzliche Grundlage sein und in den Schulgesetzen der Länder implementiert werden.
Siehe vorherige These.
*Für kommerzielle Anbieter muss der Mehrwertsteuersatz von 19 auf sieben Prozent reduziert wer-den: Das Gebot lautet 7%! „Pro 7%! Auf Schulessen“.
Siehe Frage 5.
*Ernährung ist ein Querschnittsthema und betrifft alle schulischen Bereiche, deshalb ist der Ernäh-rungsunterricht ist fest in den Lehrplänen an Schulen zu verankern. Gesamtkonzept „Ernährungsbil-dung“ muss Teil der Schulentwicklung sein.
Diese Aussage unterstütze ich mit Nachdruck.
*Dauerhafte Strukturen der Aus–‐ und Weiterbildung in den Bereichen Schulverpflegung, Verpflegungsmanagement sowie der Ernährungs- und Verbraucherbildung.
Auch dies ist nur zu unterstreichen. Dabei sollte jedoch auf bestehende Strukturen aufgebaut werden.
*In die Curricula aller Pädagogikstudenten ist ein Fach Ernährungserziehung einzuführen, es gilt ein Konzept für eine Lehrerausbildung in dem Fach ,,Lebens- und Alltagsökonomie” bundesweit zu ent-wickeln.
Auch wenn es sich hier um eine Länderkompetenz handelt, so halte ich eine Sensibilisierung der Lehramtsstudenten für sinnvoll und nötig. Ob dies jedoch durch die Einführung eines neuen Fachs (was auch immer dies genau heißen soll in Bezug auf die Studiengangorganisation) oder durch Einfügung der Thematik in bestehende Veranstaltungen geschieht, sollte man den Universitäten bzw. den Kultusministerien überlassen. Hier gibt es sicher keine Patentlösung.
*Immer mehr Schulen profilieren und öffnen sich über den Schulgarten, kann doch die pädagogische Arbeit hier zugleich wichtige Impulse für die ganztägige Gestaltung des Schullebens vermitteln, des-halb ist sicherzustellen, dass alle Grundschulen in Deutschland einen Schulgarten haben und ihn nut-zen können.
Auch hier vertraue ich den jeweiligen Schulträgern und Schulen, die jeweilige passende Ausstattung der Schule zu wählen. Generalisierende Aussagen wie „alle Schulen“ bergen stets die Gefahr, Beson-derheiten einzelner Einrichtungen zu missachten. Vielmehr würde ich dafür plädieren, alle Grundschulen sowie die Schulträger über Vor- und Nachteile von Schulgärten sowie sog. Best Practices zu informieren.
*Einführung eine Unterrichtsfaches Ernährung/Kochen für alle Schüler der Klassen 1 – 6. Studien belegen: Kinder wünschen sich Kochen als Schulfach! Denn Praxis geht vor Theorie, d.h. Je niedriger die Schulstufe, desto höher sollte der Praxisanteil sein.
Auch hierbei handelt es sich um eine Frage der Landespolitik. Wie bereits oben ausgeführt, halte ich eine Sensibilisierung für sehr wichtig – und auch, Schülern praktischen Beispiele an die Hand zu ge-ben. Die Einführung eines eigenen Schulfachs scheint mir ein sinnvoller Gedanke.
*Schaffung einer Bundesstiftung Schulverpflegung (BSSV)
Die Schaffung einer politikferneren Einrichtung der mittelbaren Staatsverwaltung lehne ich ab. Viel-mehr sollte das Thema Schulverpflegung aufgrund seiner Wichtigkeit so nah wie möglich an den ent-sprechenden Stellen der direkten (Landes-)Verwaltung aufgehängt sein. Eine Bundesstiftung, sinn-vollerweise mit Beteiligung der Länder, birgt nach meiner Ansicht die Gefahr, dass sich sowohl Politik als auch Verwaltung aus der Verantwortung stehlen und Entscheidungen in diesem wichtigen – und wie oben ausgeführt auch politischen – Thema auf vermeintliche Experten übertragen.
*Verabschiedung eines Bundesrahmengesetzes Schulverpflegung (BRGSV)
Ich habe ein ausreichendes Vertrauen in die einzelnen staatlichen Träger, Schulverpflegung auf ei-nem vergleichbaren Niveau anzubieten und durch die Vielseitigkeit auch in einen Wettbewerb zu treten. Insofern sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nach keinen Mehrwert für eine entsprechende ge-setzliche Regelung – zumal auf Bundesebene.
Sollte Sie weitere Fragen haben, erreichen Sie Herrn Professor Dr. Hirte am besten per Email unter hirte@cdu-koeln.de.
Mit freundlichen Grüßen
i.A
(Mathias Schallnus)

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