8. Kongress verabschiedete Resolution zur Schulverpflegung in Deutschland
Resolution des 8. Deutschen Kongresses Schulverpflegung 2014 – Ein kulinarischer Ruck muss durch das Deutsche Bildungssystem gehen! Optimale Schulverpflegung ist eine pädagogische, kreative und ökonomische Herausforderung, die nur erfolgreich sein kann, wenn alle mitwirken. Die gesundheitlichen Risiken und Probleme bei den Kindern und Jugendlichen von heute sind die chronischen Krankheiten von morgen. Um hier Veränderungen herbeizuführen, ist ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel notwendig: Die Schulverpflegung muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Für die Ernährungspolitik an Schulen muss es klare Zuständigkeiten und Verantwortungen geben. Basis bildet eine ganztätige Schulverpflegung, die gesund, regional und wirtschaftlich machbar ist. Beim derzeitigen Umbau des deutschen Schulsystems in Richtung Ganztagsschule dürfen Fragen der Verpflegung und Ernährungsbildung nicht vergessen werden. Angesichts des Ausbaus von Ganztagsschulen und dem Image von Schulkantinen ist die Frage der Akzeptanz ein Thema von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Heranwachsende sollten nicht nur Zugang zu kulturell angemessener Nahrung in ausreichender Menge, sondern auch in ausreichender Qualität zur Deckung ihres Ernährungsbedarfs haben. Gutes Essen stellt eine Symbiose von Genuss, Wohlfühlen und individueller Entwicklung dar. Die Gemeinschaftsverpflegung an Schulen muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und ermöglicht werden. 18 Millionen Kinder zwischen null und 21 Jahren leben in Deutschland. Es lohnt, sich um die Gesundheit dieser Gruppe Gedanken zu machen. Die Risiken und die Probleme bei den Kindern und Jugendlichen von heute sind die chronischen Krankheiten von morgen. Die bewusste Auswahl und der Umgang mit Lebensmitteln gehören zum ABC eines gesunden, genussvollen Ernährungsstils. An diesen sollten schon Kinder und Jugendliche herangeführt werden. Angesichts des schlaraffenlandähnlichen Angebots an Lebensmitteln, die das ganze Jahr über aus der ganzen Welt zur Verfügung stehen, brauchen gerade junge Menschen Orientierung. Ein optimaler Speiseplan für alle Schultage, der von SchülerInnen auch akzeptiert wird, ist eine Herausforderung, die weit über die Berechnung von Kalorien und allgemeine Ausschreibungskriterien hinausgeht. Schulverpflegung muss gesund, regional und wirtschaftlich machbar sein. Sie muss den Geschmack und damit die Akzeptanz der Schüler treffen. Wissenschaftliche Empfehlungen, wie „richtig“ gegessen und getrunken werden soll, liegen vor. Was fehlt, sind mutige Entscheidungen und Konzepte für die Anwendung im Schulalltag. Um hier Veränderungen herbeizuführen, ist ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel notwendig: Die Schulverpflegung muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Es wichtig, sich die Zusammenhänge im Handlungsfeld Schulverpflegung und die kurz- und langfristigen Folgen auf die Gesundheit unserer Kinder bewusst zu machen. Wir brauchen pragmatische und wirtschaftliche Lösungskonzepte, die über einzelne „Leuchtturmeffekte“ hinausgehen. Dabei gilt es eine Präventionskultur in Deutschland aufzubauen, in der Gesundheit und damit Lebensqualität kein Privileg des besser Gestellten, sondern gesellschaftlicher Mainstream ist. Hier sind Lösungen gefordert, um allen Kindern die Teilnahme an der schulischen Pausen- und Mittagsverpflegung zu ermöglichen. Unsere Gesellschaft befindet sich in stetigem Wandel. Dabei bleiben die veränderten Haushalts- und Familienstrukturen nicht ohne Auswirkungen auf das Ernährungsverhalten. Mitbestimmung darüber, was auf den Tisch kommt, sollte nicht nur zu Hause selbstverständlich sein, sondern auch in der Gemeinschaftsverpflegung. Kinder und Jugendliche müssen als sensible und anspruchsvolle Zielgruppe verstanden werden, an der sich der gastronomische Anspruch messen lassen muss. Für die optimale gesunde Schulverpflegung gibt es keine Patentrezepte oder Masterpläne, die den Schulen übergestülpt werden können. Ernährungsbildung und -erziehung sind zunächst einmal eine Aufgabe der Familien und der staatlichen Bildungsträger, also Kindergärten und Schulen. Was wir brauchen, ist Essthetik für die Schule. Für die Ernährungspolitik an Schulen muss es klare Zuständigkeiten geben. Der Bund muss hier mehr Verantwortung übernehmen. Qualitätsstandards müssen bundesweit für alle System- und aktionsgastronomische Schulmensakonzepte einheitlich und verbindlich werden. Die Politik muss die Qualität deutscher Schulmensen ins Visier nehmen. Es gilt, gerade Ganztagsschulen stark zu machen, damit sie ihrer Verantwortung gerecht werden können, Ernährung auch als Bildungsauftrag in ihren Schulalltag zu integrieren. Will Deutschland seinen Kindern Schulmensen mit Qualitäts- und Bildungsanspruch anbieten, dann gilt es über eine neue Preisgestaltung zu diskutieren. Qualität ist für Schulcaterer schier unbezahlbar. Die Bundesregierung soll die Umsatzsteuer auf 7 Prozent für kommerzielle Schulverpflegung reduzieren! Hundefutter, Taxifahrten, Schnittblumen oder Zeitschriften werden schon reduziert besteuert, nicht aber das schulische Mittagessen von Kindern, das sind falsche Prioritäten. Optimale Schulverpflegung ist eine ganztägige Versorgung, die über eine warme Mittagsmahlzeit hinausgeht! Die erfolgreiche Schulverpflegung ist eine pädagogische, kreative und ökonomische Herausforderung, die nur erfolgreich sein kann, wenn alle mitwirken: LehrerInnen, Schulträger, Eltern und natürlich die SchülerInnen. Weg von der Schul- hin zur SchülerInnen-Verpflegung: Die Qualität einer Mensa bemisst sich an ihrer Akzeptanz durch die SchülerInnen. Hierin liegt eine große Chance, die auch auf die Selbstverantwortung der Menschen abzielt. In diesem Sinne muss ein kulinarischer Ruck durch das Deutsche Bildungssystem gehen! Wir sollten Wissen bündeln, Synergien nutzen und finanzielle Ressourcen von der Politik abfordern und sie dann intelligent einsetzen. Diesem Ziel ist auch die Einrichtung des Kompetenzzentrums Schulverpflegung an der Universität in Vechta verpflichtet: Einer Aus- und Weiterbildung des pädagogischen Personals in Sachen „Ernährungs- & VerbraucherInnenkompetenz“ für die schulischen Einrichtungen in Deutschland und deren Verortung in den jeweiligen Curricula. Es geht um mehr und nicht weniger als unsere Kinder, die unsere Zukunft sind.
Essen ist Leidenschaft – auch und gerade in der Schule!
Universität Vechta; Deutscher LandFrauenverband; Deutsches Netzwerk Schulverpflegung; Fachmagazin Schulverpflegung
Vechta, 14. November 2014