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Blinde Flecken und Leerstellen im Journalismus – Diener des Mainstreams


Es verwundert nicht, dass Vertreter bürgerlicher Medien nicht recht wissen, wie ökonomische ­Krisen gedeutet werden können. Die Qualität der wirtschaftsjournalistischen Berichterstattung führt immer wieder zu Auseinandersetzungen und Kontroversen. Auch angesichts aktueller politischer und gesellschaftlicher Umwälzungen, die mit komplexen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Fragen einhergehen, steht der Wirtschaftsjournalismus vor der Herausforderung, mit vielfältigen Perspektiven zu einer demokratischen Meinungsbildung beizutragen. Eine Studie zeigt: Großteil der Journalisten ist nicht in der Lage, das Wirtschaftsgeschehen – z.B. in Fragen Schule & Ernährung – zu verstehen. Ihre Sicht ist seit Jahren schon auf „orthodoxe“ Dogmen des Neoliberalismus verengt. Die Kritik, dass im Wirtschaftsjournalismus einseitige Sichtweisen dominieren und er die Vielfalt wirtschaftswissenschaftlicher Strömungen, Forschungen und Expertise nicht genügend abbildet, ist im Kern geblieben. Die empirisch breit angelegte und konzeptionell klug durchdachte Studie von Valentin Sagvosdkin führt erstmals diese beiden Diskurse zusammen und geht auf beeindruckender Materialbasis der Frage nach, wie wirtschaftswissenschaftlich plural und reflexiv Wirtschaftsjournalisten ausgebildet werden. Es werden grundlegende Qualifizierungszugänge identifiziert und über 300 Modulbeschreibungen aus 17 Studiengängen von sechs Universitäten und drei Hochschulen im Hinblick auf ökonomische „Pluralität“ und auf „Reflexivität“ untersucht. Die Ergebnisse unterstreichen, dass sich diese wirtschaftsjournalistischen Zugänge nicht durch inhaltliche Breite auszeichnen, sondern eine wirtschaftspolitische Schlagseite aufweisen. Die Otto-Brenner-Stiftung legt einmal mehr den Finger in die Wunde.
Valentin Sagvosdkin: Qualifiziert für die Zukunft? Zur Pluralität der wirtschaftsjournalistischen Ausbildung in Deutschland, OBS-Arbeitsheft 104, Frankfurt am Main 202