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Im OECD-Vergleich liegt Deutschland nur im Mittelfeld

Defizite für Deutschland sieht die Bertelsmann Stiftung insbesondere in den Feldern Armutsver­meidung, Bildung und Arbeitsmarkt. „In einer zukunftsfähigen Sozialen Marktwirtschaft dürfen wir uns nicht damit zufrieden geben, dass rund jedes neunte Kind in armen Verhältnissen aufwächst, Bildungschancen stark von sozialer Herkunft abhängen und vergleichsweise viele Menschen dau­erhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen bleiben“, sagte Dr. Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzen­der der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung der Studie. Der internationale Vergleich zeige eindeutig: Soziale Gerechtigkeit und marktwirtschaftliche Leistungsfähigkeit müssten sich keines­wegs gegenseitig ausschließen. Dies belegten insbesondere die nordeuropäischen Länder.

Kinderarmut besorgniserregend

Einkommensarmut hat in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten zugenommen. Be­sorgniserregend ist dabei das Phänomen der Kinderarmut. Rund jedes neunte Kind lebt unterhalb der Armutsgrenze. Daher mangelt es vielerorts bereits an den Grundvoraussetzungen sozialer Gerechtigkeit, denn unter den Bedingungen von Armut sind soziale Teilhabe und ein selbstbe­stimmtes Leben kaum möglich. Zum Vergleich: In Dänemark, das neben Schweden und Norwegen die geringsten Armutsquoten im OECD-weiten Vergleich aufweist, sind lediglich 2,7 Prozent der Kinder von Armut betroffen. Selbst Ungarn und Tschechien liegen noch vor Deutschland.

Investitionen in frühkindliche Bildung stark ausbaufähig

Trotz verbesserter PISA-Ergebnisse deutscher Schülerinnen und Schüler – das deutsche Bil­dungssystem hat unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit weiterhin Defizite. Hier rangiert Deutschland im OECD-Vergleich mit Platz 22 nur im unteren Mittelfeld. Der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen hängt stark mit ihrem jeweiligen sozioökonomischen Hintergrund zu­sammen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus einem sozial schwachen Umfeld durch Bildung befähigt werden, am gesellschaftlichen Wohlstand teilzuhaben, ist in Deutschland geringer als in vielen anderen OECD-Staaten. Die Investitionen in frühkindliche Bildung, einem der Schlüsselfelder zur Gewährleistung gleicher Lebenschancen, sind zudem noch stark ausbaufähig.

Die weltweite Wirtschaftskrise ist in Deutschland am Arbeitsmarkt trotz der starken Exportabhän­gigkeit der inländischen Wirtschaft deutlich weniger spürbar als in anderen Ländern. Doch unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit gibt es durchaus noch Schattenseiten. So bleibt einigen gesellschaftlichen Gruppen – wie Langzeitarbeitslosen und Geringqualifizierten – auch weiterhin der Zugang zu Beschäftigung massiv erschwert. Hinsichtlich der Vermeidung von Langzeitarbeits­losigkeit liegt Deutschland im OECD-Vergleich sogar auf dem vorletzten Platz.

Bedenkliche Polarisierungstendenz

Auch beim Aspekt sozialer Zusammenhalt und Gleichheit bestehen Defizite. Die Ungleichvertei­lung der Einkommen in Deutschland hat innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte so stark zugenom­men wie in kaum einem anderen OECD-Mitgliedsland. Mit Blick auf den Zusammenhalt einer Ge­sellschaft ist eine solche Polarisierungstendenz bedenklich. Bei Fragen der Gleichbehandlung und der Vermeidung von Diskriminierungen herrschen in Deutschland zwar hohe rechtliche Standards. Doch gibt es in der Praxis durchaus Fälle von Diskriminierung, insbesondere hinsichtlich des Al­ters, des Geschlechts und von Behinderungen. Auch bei der Integration von Zuwanderern erhält Deutschland nur mäßige Noten; Zuwanderung wird häufig mehr als Risiko denn als Chance be­trachtet.

Das Prinzip der Generationengerechtigkeit ist in Deutschland hingegen vergleichsweise gut ver­wirklicht. Die Verankerung einer Schuldenbremse im Grundgesetz ist positiv zu werten, und auch im Bereich Umweltpolitik und Ressourcenschonung erhält Deutschland gute Noten. Dieses Ergeb­nis sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch weiterhin umweltpolitischer Handlungsbedarf besteht, insbesondere im Hinblick auf einen verbesserten Klimaschutz und die Förderung erneuerbarer Energien. Steigerungsfähig seien auch die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die maßgeblich über die Innovationsfähigkeit eines Landes und damit auch über des­sen Wohlstand entscheiden, heißt es in der Studie.

Deutschland hat in Sachen sozialer Gerechtigkeit noch einigen Nachholbedarf. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung. Im Vergleich mit 31 OECD-Staaten liegt Deutschland mit Platz 15 lediglich im Mittelfeld. Unter die Lupe ge­nommen wurden die Politikfelder Armutsvermeidung, Bildungszugang, Arbeitsmarkt, sozialer Zu­sammenhalt und Gleichheit sowie Generationengerechtigkeit. Angeführt wird der Gerechtigkeitsin­dex von den nordeuropäischen Staaten Island, Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland. Schlusslicht ist die Türkei.

Quelle: Bildungsklick

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