Corona und Schulessen in Luxemburg
Wie sieht die Schulverpflegung in Zeiten von Corona in Luxemburg aus? Wie gelang die Einführung individueller Lunchpakete, wie die Mensawiedereröffnung?
Stand März 2021 isst über ein Viertel aller Schüler des Großherzogtums Luxemburg in der Schulmensa. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus. Welchen Weg die Luxemberger Verantwortlichen für Schulverpflegung gegangen sind, das berichtete uns Monique Ludovicy, Direktorin von Restopolis, einer Abteilung des luxemburgischen Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend.
Seit 2005 ist Restopolis verantwortlich für die Küchen von Restaurants und Cafeterias von weiterführenden Schulen, Restaurants der Universität Luxemburg auf dem Campus Belval, auf dem Campus Limpertsberg zu und Campus Kirchberg, Restaurants am eduPôle-Standort in Walferdange, das Restaurant der großherzoglichen Polizeischule, Restaurants aller differenzierten Bildungseinrichtungen sowie das Restaurant der staatlichen Grundschule Eis Schoul.
Frau Ludovicy, welche Auswirkungen hatten die Einschränkungen in Luxemburg auf Ihr Team und die von Ihnen betriebenen Mensen?
Alle Restaurants und Mensen von Restopolis blieben auf Wunsch des luxemburgischen Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend vom 16. März bis zum 3. Mai 2020 geschlossen. Aber auch danach, ab dem 4. Mai 2020, war es uns nicht möglich, unsere Gäste in unseren Restaurants und Cafeterien so zu beköstigen, wie vor der Pandemie. Die Gäste durften wegen der strengen Covid19-Maßnahmen nicht in den Restaurants vor Ort essen. Allerdings startete zugleich der Präsenzunterricht, wenn auch teils abwechselnd mit Fernunterricht. Und wir von Restopolis fühlten uns verpflichtet, unseren Gästen nichtsdestotrotz ausgewogene Mahlzeiten anzubieten.
Welches Alternativkonzept haben Sie entwickelt?
Wir haben kurzerhand das Konzept eines Lunchpakets ausgearbeitet, das wir auf den luxemburgischen Namen „Frupstut” getauft haben. Die Lunchpakete für die Schüler wurden bis zu den Sommerferien Mitte Juli 2020 ausschließlich vor die Klassensäle geliefert. Die Lunchpakete für die Lehrer und Mitarbeiter der Schulen wurden an einen Ort geliefert, der von den jeweiligen Schulen bestimmt wurde, z. B. das Lehrerzimmer.
Wie erfolgte die Bestellung?
Über die Internetseite oder die App von Restopolis konnten sich die Gäste ihr Lunchpaket zusammenstellen – angelehnt an die Menüformeln, die wir auch in den Restaurants anbieten. So konnte jeder Gast wählen zwischen den Menüformeln „Hauptgericht“, „Vorspeise und Hauptgericht“ oder „Vorspeise, Hauptgericht und Dessert“. Aus logistischen Gründen konnten wir in einer ersten Phase dieses Angebots nur kalte Vor- und Hauptspeisen servieren. In einer zweiten Phase, die seit Mitte September 2020 läuft, haben wir das Lunchpaketangebot um warme Gerichte ergänzt. Seitdem werden die Lunchpakete nicht mehr in die Klassen geliefert, sondern im Restaurant abgeholt. Neben dem Speisenangebot kann der Gast optional und kostenlos noch einige Produkte dazubestellen: z. B. Einwegbesteck aus Holz, eine 0,5-I-PET-Flasche lokales Mineralwasser (bis Mitte Juli 2020), eine 0,25-l-Milch oder Schulobst (seit September 2020).
Wie haben die Schulen Sie bei der Organisation und Logistik der Verpflegung unterstützt?
Die Zusammenarbeit verlief vorbildlich. Ab Mai sind oft Mitarbeiter der Schulen in die Verteilung der Lunchpakte mit eingebunden worden, um den Prozess zu beschleunigen.
Auch bei der Wiedereröffnung der Restaurants im September 2020 haben uns die Schulen unterstützt. Denn es gab eine besondere Herausforderung: die Anzahl der zugelassenen Gäste pro Tisch wurde von zehn auf vier reduziert. Entsprechend haben uns zahlreiche Schulen Räume zur Verfügung gestellt, die wir als Speisesäle neben unseren eigentlichen Restaurants benutzen konnten. So konnten wir trotzdem die Anzahl der Gäste, die gleichzeitig zu Mittag essen, weiterhin aufrecht erhalten.
Noch bis vorerst 2. April 2021 (Stand Mitte März) gilt eine Sonderreglung für alle Schul- und Kita-Kantinen sowie die Mensen der Universität Luxemburg. Im Gegensatz zu den luxemburgischen Restaurants, die geschlossen bleiben müssen, dürfen wir Gäste empfangen.
Welche besonderen Hygienemaßnahmen haben Sie in den Restaurants ergriffen?
Mittags stellen wir keine Krüge mit Gratis-Trinkwasser auf die Tische. Mikrowellen werden vor und nach jeder Pause desinfiziert. Tische, Stühle und Wagen werden nach jedem Mittagsservice desinfiziert. Auf den Tischen stehen Desinfektionsspray und Küchenrollen. Das Salat- und Obstsalatbuffet bieten wir nicht mehr an. Stattdessen erhalten die Gäste Salate und Obst servierfertig an der Essensausgabe.
Wie unterscheidet sich das Speisenangebot vom üblichen?
Abgesehen vom Verzicht auf die Buffets gibt es kaum noch einen Unterschied. Mittlerweile bieten wir wieder unsere vegetarischen und nicht-vegetarischen Tagesgerichte, Grill- und Pastaspezialitäten sowie – in einigen ausgewählten Restaurants – selbst belegte Pizzen an.
Inwieweit variiert der Preis für ein Mittagsmenü?
Der Preis für die Lunchpaketmenüs und das Restaurantangebot ist der gleiche: 3,60 Euro für ein Hauptgericht, 4,10 Euro für ein Hauptgericht mit Vorspeise und 4,60 Euro für ein Hauptgericht mit Vorspeise und Dessert. Für jede weitere Vorspeise, beziehungsweise jedes weitere Dessert berechnet Restopolis einen weiteren Euro.
Wie gehen Sie mit den Take-away-Einwegverpackungen um? Wer trägt die Zusatzkosten?
Die Zusatzkosten werden integral vom Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend getragen, da Restopolis eine Abteilung davon ist. Aufgrund des Take away-Angebots und der strengen hygienischen Maßnahmen müssen wir vermehrt Einwegschalen einsetzen. Das Ausliefern in Mehrweg-Lunchboxen ist zurzeit aus hygienischen Gründen nicht umsetzbar. Allerdings hatten wir im Sommer 2019 die Kampagne „Restopolis goes green“ gestartet, um unsere Gäste für nachhaltige Mehrwegverpackungen wie eigene Trinkflaschen zu sensibilisieren.
Wie haben sich die Essenszahlen verändert?
2019 haben wir im Durchschnitt täglich 15.200 Gerichte in all unseren 80 Restaurants serviert. 2020 waren es nur noch durchschnittlich 10.995 Gerichte in mittlerweile 81 Restaurants. Von Mai bis Dezember 2020 haben wir allerdings 10.242 „Frupstut”-Lunchpakete ausgeliefert. Die Zahl der Gäste, welche in einem unserer Restaurants gegessen haben, ist aber 2020 im Vergleich zu 2019 um 36 Prozent gefallen.
Dieser massive Rückgang erklärt sich einerseits durch die Schließung aller Restopolis-Restaurants von Mitte März bis Anfang Mai, andererseits durch die neuen Unterrichtskonzepte. Es kommt regelmäßig vor, dass ganze Schulen oder ganze Klassen wegen Covid19-Fällen wieder von Präsenz- auf Fernunterricht umsteigen.
Wie viele Ihrer Mitarbeiter sind aktuell für die Schulverpflegung im Einsatz? Wie haben sich die Einsatzzeiten verändert?
Aktuell haben unsere 20 Verwaltungs- und 565 Restaurant-Mitarbeiter normale Arbeitszeiten, da wir nahezu alle Restaurants wieder geöffnet haben.
Wann glauben Sie, wird wieder ein normaler Alltag für Ihr Team und Sie sowie in den Schulmensen einkehren?
Uns fehlt momentan die Planungssicherheit, das heißt die Situation kann sich schlagartig an den Schulen ändern und wir müssen uns kurzfristig den neuen Gegebenheiten anpassen. Wir sind allerdings sehr glücklich, dass wir über eine Ausnahmeregelung verfügen und unsere Gäste in den Restaurants empfangen können. Unsere Teams sind gewillt alles zu tun, damit sich unsere Gäste auch aktuell bei uns wohl fühlen.
Worin liegen aktuell die größten Hürden bei der Umsetzung Ihres Alternativ-Verpflegungsangebots?
Unsere Chefköche können momentan äußerst schwer abschätzen, wie viele Gäste jeden Tag in unsere Restaurants kommen, da Klassen spontan auf Fernunterricht umsteigen bzw. auch zahlreiche Gäste sich für die sehr beliebten „Frupstut“-Lunchpakete entscheiden, die man zwar auch weiterhin vorbestellen kann aber nicht muss und deswegen oft spontan vor Ort im Restaurant mitgenommen wird.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Quelle: gastroinfoportal