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Berliner Mutter schreibt an die Bürgermeisterin der Stadt und eine Antwort

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Pressestelle Bildung/Jugend, sehr geehrte Abgeordnete, 

ich schreibe Ihnen als dreifache Mutter und Journalistin. 

Meine mittlere Tochter besucht ab nächster Woche die 7. Klasse eines Gymnasiums (Händel Gymnasium in Friedrichshain/Kreuzberg). 

Vom Caterer der Schule erreichte mich kürzlich ein Anschreiben, dass der Essenspreis pro Schultag bei 4,36 Euro liegt. Hochgerechnet auf einen Monat sind das fast 100 Euro für warmes Mittagessen. Da die Schüler täglich bis 15 Uhr Unterricht haben, gibt es keine praktikable Alternative, wenn man sein Kind nicht über den Tag mit Stullen und Snacks „abspeisen“ möchte. 

Meine Fragen an Sie:

1.  Warum subventioniert das Land Berlin nicht das Schulessen für Oberschüler? Haben Oberschüler plötzlich mehr Geld als Grundschüler – beziehungsweise deren Eltern? (Ich kenne die Diskussion über den Preis von qualitativ hochwertigem Essen mit den Caterern bzw. deren Einwände über Personal- und Lebensmittelkosten. Mir ist ebenfalls bekannt, dass es eine preisliche „Knautschzone“ gibt, die zwischen den Bezirken und Caterern verhandelt wird. Darum geht es hier nicht).

2.  Wie rechtfertigen Sie diesen Preis im Verhältnis zu Berliner Kantinen, auch öffentlichen Kantinen? Beispielsweise liegen in der Kantine des Abgeordnetenhauses die Preise, öffentlich einsehbar, zwischen 3,00 und 4,50 Euro. Die Kantine der Bahn AG setzt bei 3,60 Euro an, in den Mensen der Universitäten starten die Preise bei deutlich unter 3,00 Euro. Bei weiterer Recherche ließe sich die Reihe beliebig fortsetzen. 

Warum sind Bezuschussungen durch das Land Berlin für Angestellte, Beamte und Studierende angebracht, nicht aber für Schüler:innen ab 12 Jahren?

3. Warum zahle ich für das Schulessen meiner Tochter 19 Prozent Mehrwertsteuer, für das Futter für meinen Kater aber nur den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent? 

Ich bitte Sie um zeitnahe Beantwortung dieser Fragen und erlaube mir, diese E-Mail im BCC an weitere Berliner Institutionen, Berliner Abgeordnete und Vertreter der Presse zu senden.

Herzlichen Dank und freundliche Grüße

Ulrike Queißner

Antwort der Berliner Kommune:

Sehr geehrte Frau Queißner,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben, auf das ich Ihnen gern rasch antworten möchte.

Das Mittagessen ist in Berlin in der Primarstufe kostenbeteiligungsfrei. Das entsprechende Gesetz hat das Parlament auf den Weg gebracht und beschlossen. Mit dem Gesetz über die Qualitätsentwicklung des Mittagessens erteilte das Parlament darüber hinaus den Auftrag, ein Subventionierungskonzept für die Sek I zu prüfen. Das Ergebnis der Prüfung wurde dem Senat und dem Parlament vorgelegt. Im Ergebnis wurden im Haushaltsplan andere Prioritäten gesetzt und von einer Subventionierung abgesehen. Das ist eine finanzpolitische Entscheidung, nicht die der SenBJF. Sicher stehen dahinter auch die aktuellen Ausgabensteigerungen im Rahmen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine, die dieses Anliegen politisch etwas in den Hintergrund gedrängt haben.

Allerdings bedeutet dies nicht, dass Familien, die nicht ausreichend Geld zur Verfügung haben, das Mittagessen selbst bezahlen müssten. Für alle Familien, die leistungsberechtigt sind und einen BuT Berlinpass haben, ist das Mittagessen auch in der Sek I kostenfrei, die Kosten übernimmt der Bund, der die Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz refinanziert. Und auch das Ganztagsangebot in der Sek I ist in Berlin kostenfrei, wofür Eltern in anderen Bundesländern bis zu 230 Euro zahlen.

Die Kosten in Höhe von 4,36 Euro entsprechen der sehr umfassenden Leistungsbeschreibung. Unter anderem besteht die Verpflichtung, sich uneingeschränkt an die Vorgaben der Qualitätsstandards der DGE zu halten. Zudem hat Berlin sich entschieden, 50 Prozent Lebensmittel aus biologischem Anbau verpflichtend für die Caterer zu machen. Verankert ist außerdem eine Personalkostenkalkulation, die uneingeschränkt den Landesmindestlohn enthält und es den Caterern ermöglicht, ihre Verpflichtung nach Tarif zu bezahlen auch nachzukommen. Es entzieht sich unserer Kenntnis, auf welcher Grundlage andere Institutionen wie die Kantinen des Abgeordnetenhauses und der Deutschen Bahn ihre Preise berechnen, wir haben das auf der Grundlage verschiedener Gutachten getan.

Außerdem möchte ich noch auf Ihre Frage zur Mehrwertsteuer eingehen. Der Ansatz der Mehrwertsteuer ist grundsätzlich eine Bundesangelegenheit und kann nicht auf Länderebene gesteuert werden, doch ich teile Ihre kritische Sichtweise. Berlin setzt sich seit Jahren dafür ein, dass die Mehrwertsteuer für soziale Dienstleistungen wie das Mittagessen auf 7 Prozent reduziert wird und wir arbeiten weiter an diesem Thema. Derzeit ist es übrigens noch so, weil die entsprechende Regelung aus der Corona-Pandemie noch nicht beendet wurde.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen aus der Senatsverwaltung

Tilmann Kötterheinrich-Wedekind

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie
BKP1
Leitungsreferent für Grundsatz- und Parlamentsangelegenheiten in der Stabsstelle BKP